Kettenwurm (Wunderwurm)
Vorkommen
Der Kettenwurm ist ein Produkt der entenhausener Biotechnologie. Es handelt sich bei ihm um einen durch gezielte Züchtung entstandenen Abkömmling (Patent DANIEL DÜSENTRIEB) des gemeinen Regenwurmes (Lumbricus terrestris). Er kommt in freier Natur nicht vor, sondern muss gezielt frei gesetzt werden. Bis dahin lebt er nicht anders als normale Regenwürmer in gewöhnlichem Humussubstrat.
Aussehen
Äußerlich unterscheidet sich der Kettenwurm nur geringfügig von normalen Regenwürmern. Lediglich die sonst bei Regenwürmern auffallende Verdickung (Clitellum) ist bei ihm weniger deutlich ausgeprägt. Daneben wurden ihm zwei lichtempfindliche Sensorbereiche ("Augen") am Vorderende angezüchtet.
Verhalten
Im Falle der Freisetzung zeigt sich aber ein sonst bei Würmern nicht übliches Verhalten, insbesondere seine Fähigkeit zur Kooperation. Die Kettenwürmer wandern spontan prozessionsartig ins nächste Gewässer und locken Beutegut an. Sobald ein Fisch einen distalen Wurm schnappt, bildet die gesamte Wurmkolonne durch Ineinanderhaken der Individuen schließlich eine Kette. Die Wurmkette zieht den Fisch dann in kooperativer Arbeit an Land. Bei größeren Fischen können mehrere Wurmkolonnen zusammenarbeiten. Ist das Beutetier an Land gezogen, löst sich die Kette, und die Würmer beginnen als Kolonne einen erneuten Beutezug. Der Reiz zur Kettenbildung (Triggerimpuls) kann auch an Land durch Berühren eines distalen Wurms ausgelöst werden, was ein Bergen der Tiere unterbindet. Einmal ausgesetzte Tiere sind also bis zu ihrem Absterben unentwegt auf Beutejagd.
Eine Verhaltensänderung durch taktile Triggerimpulse ist keineswegs so abwegig, wie es scheinen mag. Auch bei unseren Wanderheuschrecken ist eine Reihe taktiler Triggerimpulse als Auslöser des Schwarmverhaltens belegt. Hier kommt es allerdings dann zusätzlich auch zu physiologischen Veränderungen.
Kettenwurm (auch: Wunderwurm) | |
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U$ 18/3
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Stamm | Annelida (Ringelwürmer) |
Klasse | Clitellata (Gürtelwürmer) |
Ordnung | Oligochaeta (Wenigborster) |
Art | Lumbricus piscator |
Die Lebensdauer Eines Kettenwurmes nach Auslösung des Triggerimpulses kann von ihrem Züchter fast minutengenau auf zwölf Stunden terminiert werden. Durch dieses geplante Ableben konnte in Entenhausen die ökologische Katastrophe in Grenzen gehalten werden, als fahrlässig freigesetzte Kettenwürmer den Gumpensee leerfischten.
Es liegt nahe, dass es sich trotz des frühen Zeitpunktes der Überlieferung des Berichtes (Entstehungsjahr 1952!) um eine gentechnisch hergestellte Spezies handelt, denn ein soziales, fast schon an staatenbildende Insekten erinnerndes Verhalten beim Fischfang ist bei niederen Tieren auf diesem Planeten wie auch in Entenhausen ansonsten völlig unbekannt. Das bizarre Verhalten dient weder dem Nahrungserwerb noch der Fortpflanzung. Die punktgenaue Vorhersagbarkeit des Absterbens lässt auf einen speziellen Suizidmechanismus durch programmierte Apoptose schließen.
Dem Entenhausener Sprachgebrauch zufolge sind die Ketten- bzw. Wunderwürmer übrigens "Weichtiere", was zwar zoologisch nach unseren Begriffen nicht korrekt ist, aber den von PLUM (1985) entdeckten Gepflogenheiten der Entenhausener Tiersystematik ("Klassifikation durch Alliteration") sehr gut entspricht.
„Die Wunderwürmer“ WDC 153A (bzw. TGDD 123, p. 26-30), BL-WDC 23/4
PLUM, T. (1985): Alliteration im Tierreich - Der Stabreim in seiner Funktion als zoologische Klassifikationsmethode.- Der Donaldist 54: 39-41.
Quelle
U$ 18/3; „Fataler Rechenfehler“ BL-DÜ 1 p. 31