Intelligenzevolution

Aus Alleswisser
Version vom 19. April 2021, 15:42 Uhr von Orville Orb (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „Theorien der Intelligenzevolution im Vergleich ==Problemstellung und Voraussetzungen== Zu dem Thema der Intelligenzevolution im Anaversum haben bereits zwei…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Theorien der Intelligenzevolution im Vergleich

Problemstellung und Voraussetzungen

Zu dem Thema der Intelligenzevolution im Anaversum haben bereits zwei große Namen des Donaldismus, Patrick Martin und Viola Dioszeghy-Krauß geschrieben. Bis auf einen kurzen öffentlichen Briefwechsel zwischen beiden, sind die verschiedenen Theorien der Intelligenzevolution im Weiteren allerdings undiskutiert geblieben. In diesem Aufsatz möchte ich hauptsächlich die verschiedenen Theorien hinsichtlich ihres Erklärungspotenzials miteinander vergleichen. Ich werde zeigen, dass keine der Theorien zu einer vollständigen Erklärung der Intelligenzevolution im Anaversum ausreicht. Stattdessen müssen verschiedene Fragmente der diskutierten Theorien kombiniert werden. Zuletzt möchte ich die Möglichkeit einer synthetischen Theorie der Intelligenzevolution auf Basis der alten Theoriefragmente skizzieren.

Das Problem: Ist Intelligenzevolution ein singuläres Ereignis?

Warum können wir zur Erklärung der Intelligenzevolution im Anaversum nicht einfach nur auf die Theorien der Anthropogenese im Universum zurückgreifen? Warum braucht es eine eigene Theorie der Intelligenzevolution im Anaversum? Einer der wichtigsten Gründe ist ein empirischer Unterschied zwischen den intelligenten Lebewesen des Uni- und Anaversums: Die Faktoren, physiologische, neuronale, embryogenetische, ökologische, soziobiologische, die im Universum zur Entstehung von Intelligenz geführt haben, sind so kompliziert, ihr Zusammentreffen so unwahrscheinlich, dass es naheliegt, das Aufkommen kulturbildender Intelligenz für ein singuläres Ereignis in der Evolutionsgeschichte zu halten. Das entspricht der Tatsache, dass Intelligenz nur bei ganz wenigen, nah verwandten und phänotypisch sehr ähnlichen Arten, den Hominiden, vorkommt (bzw. vorgekommen ist).

Im Anaversum taucht Intelligenz und Kulturproduktion jedoch im Zusammenhang mit vielfältigen Phänotypen auf, scheint sich vielfältig und sogar spontan entwickeln zu können, sogar in sehr separierten Ökosystemen, etwa auf fernabgelegenen Planeten. Es entsteht der Eindruck als würde es sich bei der Evolution von Intelligenz keineswegs nur um ein singuläres Ereignis in der Evolutionsgeschichte handeln. Es gibt zwei Möglichkeiten darauf zu reagieren: Entweder man versucht zu zeigen, dass der Eindruck täuscht und es sich bei der Intelligenzevolution doch um ein singuläres Ereignis handelt, dann kann man zur Erklärung der Intelligenzevolution auf die Theorien zurückgreifen, die bereits zur Intelligenzevolution im Universum entwickelt wurden, und muss keine neuen Ursachen herausfinden. Oder aber man geht davon aus, dass die Intelligenzevolution im Anaversum tatsächlich kein singuläres, sondern ein reguläres Phänomen ist, wie es den Anschein hat, und versucht, die Ursachen herauszufinden, die dafür sorgen, dass die Intelligenzevolution im Anaversum so anders verläuft und verlaufen ist als im Universum.

Zur Terminologie

Martin und Dioszeghy-Krauß haben verschiedene Terminologien entwickelt, um die verschiedenen Formen von Intelligenz zu unterscheiden. Ich unterscheide im Folgenden zwischen Biospezies, Sophospezies (oder Sapiente) und Hemerospezies (oder Hemeride). Unter Hemerospezies verstehe ich, bewusst lose definiert, Lebewesen mit allen Merkmalen kulturbildender Intelligenz, etwa Städte bauen, Romane schreiben, zum Mond fliegen, und andere Aktivitäten, die im Universum spezifisch menschliche Eigenschaften sind. Unter Sophospezies bzw. intelligenten Biospezies fasse ich alle Lebewesen, die zwar eine überdurchschnittliche Intelligenz, v.a. Sprachbegabung, Werkzeuggebrauch und Feinmotorik aufweisen, aber keine kulturbildende Organisationsform besitzen, oder davon ausgeschlossen bleiben. Der Begriff der Sophospezies entspricht ungefähr dem der "Neointelligenten" bei Martin (Martin DD104, 20) und der „Avininen“ bei Dioszeghy-Krauß (Dioszeghy-Krauß DD130, 18). Es handelt sich hierbei um eine heuristische Unterscheidung, da noch ungeklärt ist, ob und inwiefern es sich dabei um eine soziale oder um eine biologische Kategorie handelt. Damit ist die Frage verbunden, ob es sich bei den zwei unterschiedlichen Formen von Intelligenz im Anaversum um einen biologischen Unterschied (etwa durch Zugehörigkeit zu verschiedenen Arten, oder durch Zugehörigkeit zu verschiedenen onto- oder phylogenetischen "Entwicklungsstadien") oder um einen sozialen Unterschied handelt (schlechtere Bedingungen zur Kulturbildung durch soziale Ausgrenzung und ‚Rassismus’). Martin hat darauf hingewiesen, dass Sophospezies tendenziell stärker zoomorphe als anthropomorphe Phänotypen haben, was nahelegt, dass die soziale Differenzierung sich an bestimmten biologischen Unterschieden festmacht. Unter Biospezies fallen alle Lebewesen, die weder entsprechende Formen von Intelligenz aufweisen, wie wir sie im Universum vom Menschen her kennen.

Folgende Merkmale der Hemerospezies werden im Folgenden besonders untersucht: 1. Polymorphie: Es gibt eine hohe Diversität verschiedener Phänotypen unter den Hemeriden, die Diversität ist höher als unter den Menschen im Universum. 2. Zoomorphie (Korrespondenz zu Biospezies): Die Phänotypen der Hemeriden weisen Ähnlichkeiten zu bestimmten artspezifischen Biospezies auf. Ich unterscheide hierbei zwischen reiner Korrespondenz, wenn ein individueller hemerider Phänotyp Korrespondenzen zu einer bestimmten Biospezies aufweist, und hybrider Korrespondenz, wenn ein individueller hemerider Phänotyp Korrepondenzen zu verschiedenen Biospezies aufweist. 3. Anthropomorphie: Alle Hemeriden weisen Ähnlichkeiten zur Spezies Mensch auf, auch reine Anthropomorphien sind dokumentiert.

Was muss eine Theorie der Intelligenzevolution leisten?

Ich habe hier die die wichtigsten Unterschiede zum Universum zusammengefasst, auf die eine Theorie der Intelligenzevolution vor dem Hintergrund des skizzierten Unterschieds zwischen dem Uni- und Anaversum eingehen muss. Eine Theorie der Intelligenzevolution muss demnach erklären können:

1. Wie sich Intelligenz separat an verschiedenen Orten entwickelt hat (separate Intelligenzevolutionen) 2. Warum manche Lebewesen ‘menschliche Intelligenz/Kultur‘ entwickelt haben, andere nicht. Denn es reicht nicht nur eine Ursache auszumachen, die zur Intelligenzevolution geführt haben könnte, es muss auch erklärt werden, warum diese Evolution sich auf bestimmte Lebewesen beschränkt, also warum nicht zum Beispiel alle Lebewesen Hemerospezies sind. Es muss eine Kausalursache und/oder einen evolutiven Nutzen sowohl für Bio- als auch für Hemerospezies geben. (Vorkommen von Bio- und Hemerospezies) 3. Warum manche Lebewesen Intelligenz, aber keine kulturellen Lebensformen entwickelt haben. Hier kommen ökologische, ontogenetische, phylogenetische, evolutive und soziale Faktoren in Frage. (Vorkommen von Sophospezies) 4. Warum Hemerospezies deutlich differenzierte Phänotypen haben (Polymorphie) 5. Warum Hemerospezies bestimmten Biospezies ähneln (Zoomorphie), und zwar sowohl rein als auch hybrid. 6. Warum alle Hemerospezies der Spezies Homo ähneln (Anthropomorphie)

Anhand dieser sechs Fragen, möchte ich im Folgenden die verschiedenen Lösungsvorschläge von Martin und Dioszeghy-Krauß untersuchen und vergleichen.

Bisherige Theorien der Intelligenzevolution

Verschiedene Lösungsansätze: Monospezies- und Polyspezies-Theorien

Ich habe bereits zwei verschiedene Hypothesen genannt die differente Intelligenzevolution im Anaversum zu erklären. Entweder man geht bei der Intelligenzevolution von einem singulären Ereignis aus, dann behauptet man, dass nur eine Art unter den Biospezies Intelligenz/Kultur entwickelt hat, und folglich alle Hemeriden Nachfahren einer gemeinsamen Art sind. Solche Theorien nenne ich, in Anlehnung an Martin, Monohemerospezies-Theorien oder kurz Monospeziestheorien. Eine solche Theorie muss das Merkmal der Polyzoomorphie erklären, d.h. warum diese eine Art (nach Martin: der Homo Sapiens) die Gestalt verschiedener Biospezies entwickelt hat.

Man kann aber allerdings auch davon ausgehen, dass es sich bei der Intelligenzevolution um ein reguläres Phänomen handelt. In dem Fall behauptet man, dass mehrere Arten parallel Intelligenz/Kultur entwickelt haben. Solche Theorien nenne ich Polyhemerospezies-Theorien oder kurz Polyspezies-Theorien. Eine solche Theorie steht nicht unter dem Druck die Polyzoomorphie zu erklären, muss aber andererseits erklären, wie es zur mehrfachen oder wiederholten Entstehung von Intelligenz bei verschiedenen Arten gekommen ist (bzw. kommt). Beide Theorien müssen also bestimmte Korrespondenzen erklären:

1. Monospezies-Theorien müssen zwei verschiedene Korrespondenzen erklären: a) eine interspezifische Korrespondenz zwischen Hemerospezies und Biospezies: Alle Hemeriden ähneln bestimmten Biospezies b) eine intraspezifische Korrespondenz unter Hemerospezies: Alle Hemeriden ähneln sich darin, dass sie bestimmten Biospezies ähneln.

2. Polyspezies-Theorien müssen eine interspezifische Korrespondenz unter den Hemerospezies erklären: Die verschiedenen Arten, die die Gruppe der Hemerospezies bilden, gleichen sich darin, dass sie intelligent und kulturbildend sind.

Beide Theorien müssen für die Korrespondenzen, d.h. für die parallelen Entwicklungen bei verschiedenen Arten bzw. Unterarten, eine gemeinsame Ursache oder gemeinsame Ursachenkomplexe finden. Dabei kann es sich um kausale Einflüsse durch genetische, ontogenetische, phylogenetische oder ökologische Faktoren handeln, die sich alle Korrespondenzpartner teilen, oder aber um einen jeweiligen evolutiven Nutzen, der mittels natürlicher und sexueller Selektion wirksam ist, den alle Korrespondenzpartner aus der Entwicklung der jeweiligen Merkmale ziehen. Für so dauerhafte, multiple Korrespondenzen komplexer Eigenschaften müssen wahrscheinlich alle drei Faktoren zusammenkommen: gemeinsame genetische Voraussetzungen, ähnliche Umweltbedingungen, und ein jeweiliger evolutiver Nutzen. Es wäre extrem unwahrscheinlich, dass sich ein so komplexes Merkmal wie Intelligenz mehrmals rein zufällig entwickelt hätte, ohne dass es eine gemeinsame verursachende Umweltbedingung oder ein gemeinsamer evolutiver Nutzen vorläge. Ebenso unwahrscheinlich wäre es anzunehmen, dass Hemeriden rein zufällig, etwa durch Flaschenhalseffekte, Merkmale entwickelt hätten, die bestimmten Biospezies ähneln, insbesondere da dies ja nicht vereinzelt auftritt, sondern fast alle Hemeriden beträfe (bis auf die eindeutig rein anthropomorphen). Wer hingegen komplexe Korrespondenzen damit zu erklären versucht, dass es so etwas wie eine allgemeine „Stoßrichtung“ der Evolution gäbe, die sich eben an verschiedenen Orten zeigt, wie es der Begriff der „multikonvergenten Evolution“ nahelegt, wäre darauf angewiesen der Natur inhärente „Zwecke“ zu postulieren und würde sich von einem kausal-deterministischen Weltbild und damit auch von jeder naturwissenschaftlich relevanten Erklärung verabschieden. Es gibt keinen zielgerichteten Mechanismus der Evolution.

Bei der Unterscheidung von Monospezies-Theorien und Polyspezies-Theorien geht es im Übrigen nicht um die Frage, ob es sich bei den Hemeriden um eine oder um mehrere Arten handelt, sondern um die Frage, ob diese Hemeriden von einer oder mehreren Arten abstammen, d.h. ob die Intelligenzevolution von einer oder von mehreren Arten durchlaufen wurde. Da es sexuelle Fortpflanzung nachgewiesenermaßen auch zwischen phänotypisch deutlich verschiedenen Hemeriden geschieht, würde eine biologische Artdefinition die Hemeriden ohnehin als eine Art fassen (nach einer morphologischen Artdefinition würde es sich allerdings wahrscheinlich um verschiedene Arten handeln).