Carl Barks` Überlegungen

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Lotus-Esser, Lotus-Eater

Beobachtung:

Barks stellte seine Protagonisten häufig in ein Spannungsfeld zwischen rechtschaffener Arbeit und Müßiggang, z. B.:

  • Wehe dem, der Schulden macht“ (WDC 124), BL 17
  • Geld fällt vom Himmel“ (WDC 126), BL 18
  • „Der Traumstern“ (FC 1025/3), BL DÜ 02

Literarische Anspielung:

Eine subtile Variation dieses Motivs findet sich in „Das große Umkrempeln“ (FC 1267/1), DÜ 06. Englisch: „Buffaloed by Buffaloes” (Dec 1961).

Ausnahmsweise ging in der Übersetzung hier etwas verloren.

In der deutschen Fassung sehen wir Wasserbüffel Lotusblüten kauen, während sie in der Englischen Fassung zu sehen sind "Eating Lotus Flowers". Das Verb "essen" passt eigentlich nicht für Tiere; konsequenterweise verwendete Fuchs "fressen".

Daher beschimpft Daniel Düsentrieb einen der Büffel als "Lahmen Lotusfresser", während Gyro Gearlose diesen angesprochen hatte als "Lotus Eater".

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Barks hatte also eine besondere Absicht.

Lotus-Esser, Lotus-Eater in der Literatur:

"Die Lotophagen oder Lotosesser (griech. Λωτοφάγοι, von λωτός lotos „Lotos“ und φαγεῖν phagein „essen“) sind ein Volk in Homers Odyssee aus der griechischen Mythologie. […] Als Odysseus mit seinen Gefährten an Land geht, schickt er drei Männer zur Erkundung aus. Diese werden von den Lotophagen freundlich empfangen. Als Willkommensgeschenk geben sie den Gefährten Lotos. Darauf vergessen die Männer ihre Heimat und den Zweck ihrer Landung. Odysseus muss die drei Männer in das Schiff zurückzwingen. Danach reisen sie los und kehren nicht mehr zurück. […]

Wer nun die Honigsüße der Lotosfrüchte gekostet,

Dieser dachte nicht mehr an Kundschaft oder an Heimkehr:

Sondern sie wollten stets in der Lotophagen Gesellschaft

Bleiben, und Lotos pflücken, und ihrer Heimat entsagen. […]

Lotophagen werden auch von anderen antiken Autoren erwähnt. […]

Das 1832 publizierte Gedicht The Lotos-Eaters von Alfred Lord Tennyson nimmt dieses Motiv auf.

Die Lotophagen spielen eine große Rolle in James Joyces Roman Ulysses. In der ursprünglichen Gliederung, die Joyce am 21. September 1920 an Carlo Linati, den italienischen Kritiker und Übersetzer von Exiles schickte, beziehen sich die Lotophagen als Überschrift auf die zweite Episode im Teil II (Odyssee). In der Lotophagen-Episode holt Bloom im Westland Row Post Office einen an Henry Flower adressierten Brief ab, ein Zeichen seiner verborgenen Korrespondenz mit Martha Clifford. Die Lotophagen sind Vorbild und Gleichnis für das Volk der Iren, speziell der Einwohner Dublins."[1]


"Die Lotusfrüchte und -blumen waren die Hauptnahrung der Insel und ein Betäubungsmittel, das die Bewohner dazu veranlasste, in friedlicher Apathie zu schlafen. […] Im übertragenen Sinne bedeutet "Lotusesser" "eine Person, die ihre Zeit damit verbringt, sich mit Vergnügen und Luxus zu beschäftigen, anstatt sich mit praktischen Belangen zu befassen".[2]

Der Gesichtsausdruck des Büffels spricht Bände ...

Anmerkungen

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Lotophagen. Weitere Verwendung des Motivs in der Neuzeit siehe dort.
  2. https://de.xcv.wiki/wiki/Lotus-eaters


Sprachgefühl und Sprachwitz in Eigennamen

Führt uns Carl Barks an uns fremde Orte, oder macht er uns bekannt mit uns fremdartig erscheinenden Personen, so wählt er oft Namen oder Benennungen, die sowohl Spracheigentümlichkeiten der angesteuerten Region anklingen lassen als auch noch einen witzigen Twist enthalten. Mal hat Erika Fuchs es dabei belassen, mal hat sie einen eigenen Beitrag geleistet.

1. Baghi-bragore bzw. Bhagi-Bhreeches

In Baghi-Bragore (U$ 19/2 – Die Schatzkammern König Salomos – BL OD 13 bzw. Bhagi-Bhreeches (The mines of King Solomon Sept – Nov 1957) betreibt Dagobert Duck eine, natürlich große, Teeplantage.

The Mines of King Solomon

Dass klingt indisch, auch wenn Bagh eher ein persisches Wort ist „für ‚Garten‘; siehe Tschahār Bāgh (Typ des persischen Gartens)“.[1]

https://de.wikipedia.org/wiki/Bagh , Aufruf 30. 05. 2021, 11.39

Wenn man den Barks´schen Original-Namen Bhagi-Bhreeches flüssig liest/ausspricht, entsteht: „Baggy breeches“, also: ausgebeulte Hosen .




BL OD-13-07

Mit Baghi-bragore hat Fuchs die indische Anmutung verstärkt (in Anlehnung an Lahore, Rabindranath Tagore) und zugleich auf Duck Seniors Megalomanie verwiesen, denn das englische „to brag“ bedeutet: angeben.






2. Chow Yuk RR Line Chop Su[ey?]

Als Dagobert Duck herumreist, um seine Besitztümer zu liquidieren mit dem Ziel, McMoneysac in dessen Schranken zu verweisen, sehen wir einmal im Hintergrund Waggons der Bahnlinie „Chow Yuk RR Line Chop Su[ey?] …“ (Der reichste Mann der Welt ( II ) U$ 27/1 BL OD 17 – The Money Champ (1960).

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Nun ist Chop Suey ein bekanntes chinesisches Gericht. Chow kann ebenfalls eine Mahlzeit bedeuten, z. B. in: army chow.

In China, wo der „Gebrauchshund“ Chow-Chow ebenfalls gegessen wird, erklärt sich dessen Name wie folgt: „Die Rassebezeichnung Chow-Chow stammt vermutlich von einer Umschrift der chinesischen Sprache der heute selten gewordenen chinesischen Bezeichnung Xiaoxiao – 獢獢, xiāoxiāo, Jyutping hiu1hiu1A für diese Hunderasse. […] Eine weitere Vermutung geht in Richtung Pidgin-Englisch, einer Mischsprache aus englischen, portugiesischen, chinesischen und malaiischen Worten, einer Art Handelssprache: Tschau-tschau bedeutet demnach Leckerbissen.“[2]


Barks war anscheinend anderer Meinung: Yuk ist US-amerikanischer Slang für „bäh, igitt, eklig“.


3. Tulong Sarong bzw. Toolong Sarong

Die Heimat König Kartons (Tulong Sarong – WDC 252 – Der Meisterdetektiv, BL 43) bzw. King Notracks (Toolong Sarong – Sept. 1961: My Private Eye) mutet balinesisch an. Dies kommt zum einen von der Gewandung des Würdenträgers (vgl. Barks-Panel und Foto), bestehend aus einer Militärjacke westlicher Prägung und einem Sarong. „Ein Sarong ist ein Wickelrock, der aus einer Stoffbahn besteht. Er ist in Südasien und dem südpazifischen Raum weit verbreitet und wird vor allem von Männern getragen […].“[3]

Apa Guides Bali. (1988). München: Nelles, S. 51 (Ausschnitt).
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Wie die Abbildung eines balinesischen Würdenträgers (li.) zeigt, ist der Sarong in der Regel in Knielänge geschnitten und im Interesse der Bewegungsfreiheit auch relativ weit (vgl. den schottischen Kilt). König Tulong Sarong trägt ihn sehr eng. Dadurch wird seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt, was aber - da seine repräsentative Rolle ihn ohnehin zu gemessenen und würdigen Handlungen nötigt - nicht sehr ins Gewicht fallen dürfte.

Der Sarong des Königs ist aber auch deutlich länger als üblich (too long), was den ersten Teil seines Thronnamens mit erklärt.


Zum anderen ist der Sprachklang von Toolong Sarong angelehnt an den von Ortsnamen auf Bali (Indonesien), wie z. B.: Buleleng oder Tegalalang.